Sonntag, 9. August 2020

Gedicht gegen Naturdokumentationen

Ich bin die ganzen Dokus leid
mit all den armen Tieren,
die, für die Frühlingszeit bereit,
im kalten März erfrieren,

die, weil ihr Wald in Flammen steht,
verdursten und verbrennen,
die, weil der Weg nicht weitergeht,
umsonst gen Süden rennen,

die, wegen Rohöl taub und blind,
durch Plastikmeere treiben,
die, weil sie furchtbar hässlich sind,
halt ohne Partner bleiben,

die, jung und süß und leider dumm,
dem Feind entgegenhinken,
die, alt und schwach und leidend, stumm
in Richtung Boden sinken,

die, kurz: trotz ihrer Niedlichkeit
am Schluss nicht triumphieren.
Ich bin die ganzen Dokus leid
mit all den armen Tieren.

Samstag, 1. August 2020

Grabrede auf einen Corona-Leugner

Er liebte Trump und Ken und Q
und Don Alphonsos Zeilen,
und musste das halt immerzu
auf Facebook mit uns teilen.

Ihn schreckte Drostens Tyrannei,
was warn da ein paar Viren?
Kühn trug er Mund und Nase frei
und ging so demonstrieren.

Er hat sich mutig widersetzt,
das Risiko schien nichtig. –
Er lag so häufig falsch und jetzt,
jetzt liegt er erstmals richtig.


PS: Auf Facebook kursiert eine nicht von mir autorisierte Variante des Gedichts (vgl. hier), in der einige Stellen verschlechtert wurden. Außerdem fehlt am Ende ein Reim und ich höre dort auf den originellen Namen »Verfasser: unbekannt«. Diese Version bitte nicht teilen, danke.

Freitag, 31. Juli 2020

Kriminalsonett: Die Ermittlung

Der Kommissar sitzt sinnend im Büro.
Er streicht die Falten glatt auf seinem Hemd:
Schon wieder wurd ein Torso angeschwemmt,
und er erfuhr's erneut per Radio.


Die Kinder, die ihn fanden, riefen: »Oh!«
und: »Ah!« und: »Ihh!« (der Tod war ihnen fremd).
Er will's notiern. Sein Kugelschreiber klemmt.
Die Welt ist roh. Sie war schon immer so.


Zurück zum Toten. Denn wer trennte all
die Glieder ab? Womit? Und wo? Und wie?
Der Kommissar bemüht die Phantasie,


verzweifelt immer schlimmer an dem Fall. –
Wir lassen ihn deswegen nun in Ruh.


          *               *               *

Doch später errät er den Täter. Juhu!

Sonntag, 19. Juli 2020

Ein Gedicht

Was man übern Winter gern
(na gut: nicht gerne, aber doch) vergisst:
Wie schlimm das schlimmste je vom Herrn
erschaffne Wesen, die Hornisse, ist.

Sie sieht sehr krass gefährlich aus
und summt so laut wie nichts sonst auf der Welt.
Das ist ein Fakt (im Grunde zwei), der über Nikolaus
und Heiligabend allerdings entfällt.

So bin ich jedes Jahr im Juli dann erneut
ganz baff, dass mich son Helikopter sticht,
und schreibe dann, weil mir mein Therapeut
das nahelegt, darüber ein Gedicht.

Donnerstag, 25. Juni 2020

Gesponsertes Gedicht

Gesponsertes Gedicht 

Ich habe bezüglich der Schwüle
gemischte Gefühle. Und kühle
mein Mütchen bei tropischem Leid
am liebsten mit Fanta und Sprite.

Freitag, 15. Mai 2020

Endlich wieder Bundesliga

Endlich wieder Elferschinden,
endlich wieder hoch und lang,
endlich wieder Schüsse in den
leider leeren Oberrang.

Endlich wieder Kölner Keller,
endlich wieder Fummelei,
endlich wieder Rudi Völler,
endlich wieder Stress mit Sky.

Endlich wieder Fußballlieder,
oder nicht. Sind eh nicht meins.
Dafür gibt's bald endlich wieder
einen R-Wert über 1.

Freitag, 1. Mai 2020

Mailied

Mailied (feat. Ludwig Uhland)

Die linden Lüfte sind erwacht,
die Welt vergeht vor Blumenpracht,
   und Frühlings-Hashtags trenden.
Auf Wolfsmilchwiesen stirbt Gequak:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
   das Blühen will nicht enden.

Die Gräser wachsen hoch und dicht.
Der Mohn glüht rot. Die Birke nicht,
   sie sorgt bloß für Geflenn, denn
man niest dank ihr den ganzen Tag
und weiß nicht, was noch werden mag,
   das Blühen will nicht enden.

Auf all-, auf all-, – Moment, ich hab's:
Auf allen Feldern strahlt der Raps,
   so möchte Gott uns blenden,
weshalb ich nun rhetorisch klag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
   das Blühen will nicht enden.

Die Algenblüte trübt das Meer.
Es grünt und knospt und sprießt so sehr,
   dass Bäume Schatten spenden,
wo noch im März ein Gleisbett lag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
   das Blühen will nicht enden.

Der Klee bricht durch Asphalt und Stein:
Das Land zerfällt. Der DAX stürzt ein.
   Quo vadis, Dividenden?
Verzeihung, dass ich weiter frag:
Wer weiß bloß, was noch werden mag?,
   wann will das Blühen enden?

Vergisst man das florale Leid,
und will man dennoch seine Zeit
   in der Natur verschwenden,
dann machen Nesseln Hautausschlag,
was ich zu kritisieren wag,
indem ich es noch einmal sag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
   das Blühen will nicht enden!

(Man sollte einen Strafantrag
an die Gerichte in Den Haag,
   auf dass es ende, senden.)

Dienstag, 21. April 2020

Anderswo (14)

Ich habe für die Titanic zusammen mit Erich Kästner ein Gedicht über öffnungswütige Ministerpräsidenten und das Land der Küchenbauer geschrieben.