Für die Titanic habe ich einen kleinen Weihnachtsspaziergang mit Joseph von Eichendorff unternommen.
Donnerstag, 24. Dezember 2020
Anderswo (19)
Freitag, 27. November 2020
Nachruf auf ein Smartphone
Mein lieber Freund, es tut mir leid:
Ich lege dich zur Seite.
Wir hatten eine schöne Zeit,
doch schließlich ist es jetzt so weit:
Ich such, verzeih!, das Weite.
Dein Äußres war's, was für dich sprach;
dein Inneres nicht minder!
Doch leider ließ dein Akku nach,
und müde keuchtest du: »Gemach!«
bei jedem Match auf Tinder.
Ich wagte darum jetzt den Schritt,
dich endlich abzulösen. –
Nun darfst du selig und zu dritt
in irgendeiner Kiste mit
den andern alten Dingern dösen.
Ich lege dich zur Seite.
Wir hatten eine schöne Zeit,
doch schließlich ist es jetzt so weit:
Ich such, verzeih!, das Weite.
Dein Äußres war's, was für dich sprach;
dein Inneres nicht minder!
Doch leider ließ dein Akku nach,
und müde keuchtest du: »Gemach!«
bei jedem Match auf Tinder.
Ich wagte darum jetzt den Schritt,
dich endlich abzulösen. –
Nun darfst du selig und zu dritt
in irgendeiner Kiste mit
den andern alten Dingern dösen.
Samstag, 21. November 2020
Anderswo (18)
In der neuen Ausgabe #28 von Das Gedicht namens Die Wiederentdeckung der Liebe stehen neben zahllosen Gedichten von u. a. Jan Wagner, Kerstin Hensel und Carsten Stephan auch zwei von mir, nämlich: Gesang eines verliebten Fischverkäufers und das mit einem nicht ganz so aussagekräftigen Titel versehene Lied.
Montag, 26. Oktober 2020
Montag, 19. Oktober 2020
Kindersonett: Der Zombie
Der
Zombie ruht
am
Tag. Er wacht
nur
in der Nacht
und
sucht nach Blut.
Er
(kurz und gut)
gehört
mit Macht
bespuckt,
verlacht
und
ausgebuht.
Der
Zombie – nein,
was
sag ich hier?
Das
kann nicht sein –
ich
korrigier
mich,
denn ich mein
ja
den Vampir!
Dienstag, 29. September 2020
Anderswo (16)
Für die Eisenbart & Meisendraht-Sendung zum Thema Langeweile habe ich den Film Titanic und Schillers Lied von der Glocke leicht verkürzt bedichtet und vorgelesen.
Freitag, 25. September 2020
Anderswo (15)
In der Oktoberausgabe der Titanic findet sich ein Gedicht von mir zur Cancel Culture und ihren fatalen Folgen namens »Nachruf auf einen konservativen Kolumnisten«.
Dienstag, 1. September 2020
Kurze Ballade
Der Knabe im Moor
der Natur
klagt: »Wo bin
ich denn nur?«
Eulen schrein,
Kälte klirrt,
Geister ... – Nein,
das hier wird
ihm zu bunt.
Er ist klug,
flüchtet, und
da der Spuk
ihn im Trab
dann verlor,
spricht der Knab:
»Nevermoor!«
Sonntag, 23. August 2020
Mittwoch, 12. August 2020
Sonett auf ein zertretenes Tier
O
Schnake! Du hast viele Namen: Schneider
und
Mückenhengst und Schuster. Tja, und wer
Insektenforscher
ist, der kennt noch mehr.
Doch
darum soll es hier nicht gehen: Leider
fand
ich dich heut im Treppenhause recht
beschädigt
vor und höchstens halb am Leben;
dein
Körper auf der letzten Stufe neben
den
abgetrennten Gliedern. Das war schlecht
und
tat mir leid. Ich schloss die Wohnung auf
und
griff mit meinen noch intakten Händen
zum
Staubsauger, um dich nun endlich rauf
ins
Schnaken-/Schneider-Paradies zu senden.
Da
bist du, vom Gebläse angezogen,
zum
ersten Male flügellos geflogen.
Sonntag, 9. August 2020
Gedicht gegen Naturdokumentationen
Ich
bin die ganzen Dokus leid
mit
all den armen Tieren,
die,
für die Frühlingszeit bereit,
im
kalten März erfrieren,
die,
weil ihr Wald in Flammen steht,
verdursten
und verbrennen,
die,
weil der Weg nicht weitergeht,
umsonst
gen Süden rennen,
die,
wegen Rohöl taub und blind,
durch
Plastikmeere treiben,
die,
weil sie furchtbar hässlich sind,
halt
ohne Partner bleiben,
die,
jung und süß und leider dumm,
dem
Feind entgegenhinken,
die,
alt und schwach und leidend, stumm
in
Richtung Boden sinken,
die,
kurz: trotz ihrer Niedlichkeit
am
Schluss nicht triumphieren.
Ich
bin die ganzen Dokus leid
mit
all den armen Tieren.
Samstag, 1. August 2020
Grabrede auf einen Corona-Leugner
Er liebte Trump und Ken und Q
und Don Alphonsos Zeilen,
und musste das halt immerzu
auf Facebook mit uns teilen.
Ihn schreckte Drostens Tyrannei,
was warn da ein paar Viren?
Kühn trug er Mund und Nase frei
und ging so demonstrieren.
Er hat sich mutig widersetzt,
das Risiko schien nichtig. –
Er lag so häufig falsch und jetzt,
jetzt liegt er erstmals richtig.
PS: Auf Facebook kursiert eine nicht von mir authorisierte Variante des Gedichts (vgl. hier), in der einige Stellen verschlechtert wurden. Außerdem fehlt am Ende ein Reim und ich höre dort auf den originellen Namen »Verfasser: unbekannt«. Diese Version bitte nicht teilen, danke.
und Don Alphonsos Zeilen,
und musste das halt immerzu
auf Facebook mit uns teilen.
Ihn schreckte Drostens Tyrannei,
was warn da ein paar Viren?
Kühn trug er Mund und Nase frei
und ging so demonstrieren.
Er hat sich mutig widersetzt,
das Risiko schien nichtig. –
Er lag so häufig falsch und jetzt,
jetzt liegt er erstmals richtig.
PS: Auf Facebook kursiert eine nicht von mir authorisierte Variante des Gedichts (vgl. hier), in der einige Stellen verschlechtert wurden. Außerdem fehlt am Ende ein Reim und ich höre dort auf den originellen Namen »Verfasser: unbekannt«. Diese Version bitte nicht teilen, danke.
Freitag, 31. Juli 2020
Kriminalsonett: Die Ermittlung
Der Kommissar sitzt sinnend im Büro.
Er streicht die Falten glatt auf seinem Hemd:
Schon wieder wurd ein Torso angeschwemmt,
und er erfuhr's erneut per Radio.
Die Kinder, die ihn fanden, riefen: »Oh!«
und: »Ah!« und: »Ihh!« (der Tod war ihnen fremd).
Er will's notiern. Sein Kugelschreiber klemmt.
Die Welt ist roh. Sie war schon immer so.
Zurück zum Toten. Denn wer trennte all
die Glieder ab? Womit? Und wo? Und wie?
Der Kommissar bemüht die Phantasie,
verzweifelt immer schlimmer an dem Fall. –
Wir lassen ihn deswegen nun in Ruh.
* * *
Doch später errät er den Täter. Juhu!
Er streicht die Falten glatt auf seinem Hemd:
Schon wieder wurd ein Torso angeschwemmt,
und er erfuhr's erneut per Radio.
Die Kinder, die ihn fanden, riefen: »Oh!«
und: »Ah!« und: »Ihh!« (der Tod war ihnen fremd).
Er will's notiern. Sein Kugelschreiber klemmt.
Die Welt ist roh. Sie war schon immer so.
Zurück zum Toten. Denn wer trennte all
die Glieder ab? Womit? Und wo? Und wie?
Der Kommissar bemüht die Phantasie,
verzweifelt immer schlimmer an dem Fall. –
Wir lassen ihn deswegen nun in Ruh.
* * *
Doch später errät er den Täter. Juhu!
Sonntag, 19. Juli 2020
Ein Gedicht
Was
man übern Winter gern
(na
gut: nicht gerne, aber doch) vergisst:
Wie
schlimm das schlimmste je vom Herrn
erschaffne
Wesen, die Hornisse, ist.
Sie
sieht sehr krass gefährlich aus
und
summt so laut wie nichts sonst auf der Welt.
Das
ist ein Fakt (im Grunde zwei), der über Nikolaus
und
Heiligabend allerdings entfällt.
So
bin ich jedes Jahr im Juli dann erneut
ganz
baff, dass mich son Helikopter sticht,
und
schreibe dann, weil mir mein Therapeut
das
nahelegt, darüber ein Gedicht.
Donnerstag, 25. Juni 2020
Gesponsertes Gedicht
Gesponsertes Gedicht
Ich habe bezüglich der Schwüle
gemischte Gefühle. Und kühle
mein Mütchen bei tropischem Leid
am liebsten mit Fanta und Sprite.
Ich habe bezüglich der Schwüle
gemischte Gefühle. Und kühle
mein Mütchen bei tropischem Leid
am liebsten mit Fanta und Sprite.
Donnerstag, 18. Juni 2020
Der Historiker
Der Historiker
Er findet raus, was Bismarck las,
wenn der sich einmal sonnte.
Er weiß, dass Südamerikas
Bevölkerung viel Gold besaß;
und auch, was Adolf Hitler aß,
bevor er's nicht mehr konnte.
Er hält an großen Werten fest
und liebt nur, was bemoost ist.
Er schätzt die Wirkung von Asbest,
und trennt den Müll, wenn man ihn lässt,
in Tradition und Überrest,
weil er nicht ganz bei Trost ist.
Man findet ihn oft ungemein
gelehrt, ja manchmal: geistreich.
Doch einst lässt er die Forschung sein:
Er bleibt daheim, verfällt dem Wein,
und fährt im Sommer an den Rhein
und speist reich. Und vergreist reich.
Er findet raus, was Bismarck las,
wenn der sich einmal sonnte.
Er weiß, dass Südamerikas
Bevölkerung viel Gold besaß;
und auch, was Adolf Hitler aß,
bevor er's nicht mehr konnte.
Er hält an großen Werten fest
und liebt nur, was bemoost ist.
Er schätzt die Wirkung von Asbest,
und trennt den Müll, wenn man ihn lässt,
in Tradition und Überrest,
weil er nicht ganz bei Trost ist.
Man findet ihn oft ungemein
gelehrt, ja manchmal: geistreich.
Doch einst lässt er die Forschung sein:
Er bleibt daheim, verfällt dem Wein,
und fährt im Sommer an den Rhein
und speist reich. Und vergreist reich.
Donnerstag, 4. Juni 2020
Erlebnis 2
Erlebnis 2: Wiederkehr
Wie alle Fortsetzungen mit noch schlechteren Dialogen
Aus Welten, deren Namen mir noch immer
ein Rätsel waren, fiel am nächsten Tag
kein neues totes Wesen, nein: ein Schimmer*
durch die Gardinen in mein kleines Zimmer,
wo ich, weil ich zu schlafen suchte, lag.
*: Statt Schimmer ging auch Flimmer oder Glimmer;
die Worte sind – laut Duden – synonym,
sie klingen bloß in meinen Ohren schlimmer,
daher verwend ich Flimmer/Glimmer nimmer.
Nein: Schimmer nenn ich dieses Ungetüm.
(Im eigenen Gedicht bin ich Bestimmer.)
Ich sah den Schimmer, da er näher schwebte:
Er wirkte wie computeranimiert,
und zitterte mit einem Mal und bebte:
Um rauszukriegen, ob er wirklich lebte,
besann ich mich und fragte intressiert,
woher er komme und zu welchem Ende:
Der Schimmer schwieg (vielleicht verstand er nicht).
Ich schüttelte den Kopf und hob die Hände
aufs Fenster deutend, dass er rasch verschwände.
Er zitterte erneut und warf mit Licht.
Der Schimmer warf mit Licht! und allerlei mir
sehr fremden Dingen (doch primär mit Licht).
Dann sah er meinen Schrecken im Gesicht,
und wurde rot und piepste nur »Verzeih mir!«,
als reichte das, und flog jäh fort. Ich nicht.
Für Teil 3 (Direct-to-video) ist Nicolas Cage angefragt.
Wie alle Fortsetzungen mit noch schlechteren Dialogen
Aus Welten, deren Namen mir noch immer
ein Rätsel waren, fiel am nächsten Tag
kein neues totes Wesen, nein: ein Schimmer*
durch die Gardinen in mein kleines Zimmer,
wo ich, weil ich zu schlafen suchte, lag.
*: Statt Schimmer ging auch Flimmer oder Glimmer;
die Worte sind – laut Duden – synonym,
sie klingen bloß in meinen Ohren schlimmer,
daher verwend ich Flimmer/Glimmer nimmer.
Nein: Schimmer nenn ich dieses Ungetüm.
(Im eigenen Gedicht bin ich Bestimmer.)
Ich sah den Schimmer, da er näher schwebte:
Er wirkte wie computeranimiert,
und zitterte mit einem Mal und bebte:
Um rauszukriegen, ob er wirklich lebte,
besann ich mich und fragte intressiert,
woher er komme und zu welchem Ende:
Der Schimmer schwieg (vielleicht verstand er nicht).
Ich schüttelte den Kopf und hob die Hände
aufs Fenster deutend, dass er rasch verschwände.
Er zitterte erneut und warf mit Licht.
Der Schimmer warf mit Licht! und allerlei mir
sehr fremden Dingen (doch primär mit Licht).
Dann sah er meinen Schrecken im Gesicht,
und wurde rot und piepste nur »Verzeih mir!«,
als reichte das, und flog jäh fort. Ich nicht.
Für Teil 3 (Direct-to-video) ist Nicolas Cage angefragt.
Sonntag, 31. Mai 2020
Erlebnis
Erlebnis
Aus Welten, deren Namen ich nicht kannte
(ich spräche sie wohl eh nicht richtig aus
(weshalb ich sie auch leichthin »Welten« nannte)),
erschien ein Raumschiff, das empfindlich brannte:
Es brach entzwei, ein Männchen plumpste raus.
Ich schaute dem Geschöpf nur aus Versehen
und durch das Küchenfenster zu und rief,
was man halt ruft, wenn Havarien geschehen.
Es konnte mich jedoch nicht recht verstehen,
weil blauer Schleim aus seinen Ohren lief.
Ich rannte raus, um, was dort rang, zu retten,
und hätte mich vor R beinah verschluckt.
Ich tupfte, was mir Blut schien, mit Servietten,
bewarf das Wesen hektisch mit Tabletten, –
und schließlich hat es zögerlich gezuckt.
Ich wollte schon mit Erster Hilfe starten,
da wankte es und würgte kompliziert,
und seine fünfundvierzig Beine scharrten:
Abrupt verschied das Ding in meinem Garten,
und damit war der Abend ruiniert.
Aus Welten, deren Namen ich nicht kannte
(ich spräche sie wohl eh nicht richtig aus
(weshalb ich sie auch leichthin »Welten« nannte)),
erschien ein Raumschiff, das empfindlich brannte:
Es brach entzwei, ein Männchen plumpste raus.
Ich schaute dem Geschöpf nur aus Versehen
und durch das Küchenfenster zu und rief,
was man halt ruft, wenn Havarien geschehen.
Es konnte mich jedoch nicht recht verstehen,
weil blauer Schleim aus seinen Ohren lief.
Ich rannte raus, um, was dort rang, zu retten,
und hätte mich vor R beinah verschluckt.
Ich tupfte, was mir Blut schien, mit Servietten,
bewarf das Wesen hektisch mit Tabletten, –
und schließlich hat es zögerlich gezuckt.
Ich wollte schon mit Erster Hilfe starten,
da wankte es und würgte kompliziert,
und seine fünfundvierzig Beine scharrten:
Abrupt verschied das Ding in meinem Garten,
und damit war der Abend ruiniert.
Sonntag, 24. Mai 2020
Freitag, 15. Mai 2020
Endlich wieder Bundesliga
Endlich wieder Elferschinden,
endlich wieder hoch und lang,
endlich wieder Schüsse in den
leider leeren Oberrang.
Endlich wieder Kölner Keller,
endlich wieder Fummelei,
endlich wieder Rudi Völler,
endlich wieder Stress mit Sky.
Endlich wieder Fußballlieder,
oder nicht. Sind eh nicht meins.
Dafür gibt's bald endlich wieder
einen R-Wert über 1.
endlich wieder hoch und lang,
endlich wieder Schüsse in den
leider leeren Oberrang.
Endlich wieder Kölner Keller,
endlich wieder Fummelei,
endlich wieder Rudi Völler,
endlich wieder Stress mit Sky.
oder nicht. Sind eh nicht meins.
Dafür gibt's bald endlich wieder
einen R-Wert über 1.
Freitag, 1. Mai 2020
Mailied
Mailied (feat. Ludwig Uhland)
Die linden Lüfte sind erwacht,
die Welt vergeht vor Blumenpracht,
und Frühlings-Hashtags trenden.
Auf Wolfsmilchwiesen stirbt Gequak:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Die Gräser wachsen hoch und dicht.
Der Mohn glüht rot. Die Birke nicht,
sie sorgt bloß für Geflenn, denn
man niest dank ihr den ganzen Tag
und weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Auf all-, auf all-, – Moment, ich hab's:
Auf allen Feldern strahlt der Raps,
so möchte Gott uns blenden,
weshalb ich nun rhetorisch klag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Die Algenblüte trübt das Meer.
Es grünt und knospt und sprießt so sehr,
dass Bäume Schatten spenden,
wo noch im März ein Gleisbett lag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Der Klee bricht durch Asphalt und Stein:
Das Land zerfällt. Der DAX stürzt ein.
Quo vadis, Dividenden?
Verzeihung, dass ich weiter frag:
Wer weiß bloß, was noch werden mag?,
wann will das Blühen enden? –
Vergisst man das florale Leid,
und will man dennoch seine Zeit
in der Natur verschwenden,
dann machen Nesseln Hautausschlag,
was ich zu kritisieren wag,
indem ich es noch einmal sag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden!
(Man sollte einen Strafantrag
an die Gerichte in Den Haag,
auf dass es ende, senden.)
Die linden Lüfte sind erwacht,
die Welt vergeht vor Blumenpracht,
und Frühlings-Hashtags trenden.
Auf Wolfsmilchwiesen stirbt Gequak:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Die Gräser wachsen hoch und dicht.
Der Mohn glüht rot. Die Birke nicht,
sie sorgt bloß für Geflenn, denn
man niest dank ihr den ganzen Tag
und weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Auf all-, auf all-, – Moment, ich hab's:
Auf allen Feldern strahlt der Raps,
so möchte Gott uns blenden,
weshalb ich nun rhetorisch klag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Die Algenblüte trübt das Meer.
Es grünt und knospt und sprießt so sehr,
dass Bäume Schatten spenden,
wo noch im März ein Gleisbett lag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Der Klee bricht durch Asphalt und Stein:
Das Land zerfällt. Der DAX stürzt ein.
Quo vadis, Dividenden?
Verzeihung, dass ich weiter frag:
Wer weiß bloß, was noch werden mag?,
wann will das Blühen enden? –
Vergisst man das florale Leid,
und will man dennoch seine Zeit
in der Natur verschwenden,
dann machen Nesseln Hautausschlag,
was ich zu kritisieren wag,
indem ich es noch einmal sag:
Man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden!
(Man sollte einen Strafantrag
an die Gerichte in Den Haag,
auf dass es ende, senden.)
Dienstag, 21. April 2020
Anderswo (14)
Ich habe für die Titanic zusammen mit Erich Kästner ein Gedicht über öffnungswütige Ministerpräsidenten und das Land der Küchenbauer geschrieben.
Sonntag, 19. April 2020
Abendlied
Der Strom ist ausgefallen,
aus allen Häusern hallen
Beschwerden hell und klar.
Die fetten Flatscreens schweigen
und aus dem Kühlschrank steigen
Verwesungsdüfte wunderbar.
Wie ist die Welt so stille!
Kein Ballerspiel-Gekille,
das durch die Wohnung dröhnt.
Nur bei der Störungs-Hotline
wird man von fiesen Schrott-Lai'n
blöd hingehalten und verhöhnt.
Was mag auf Facebook stehen?
Wir können es nicht sehen:
wir sind so eingeschränkt.
Kein warmes Wasser fließt mehr.
Man legt sich hin und liest mehr,
doch ist ein bisschen abgelenkt.
Erneut ruft man die Brüder
beim Stadtwerk an. Doch wieder
stehn alle auf dem Schlauch.
Ich bitt dich, Herrgott: Oh Mann,
stell endlich unsern Strom an
und den vom kranken Nachbarn auch.
Und den vom kranken Nachbarn auch.
aus allen Häusern hallen
Beschwerden hell und klar.
Die fetten Flatscreens schweigen
und aus dem Kühlschrank steigen
Verwesungsdüfte wunderbar.
Wie ist die Welt so stille!
Kein Ballerspiel-Gekille,
das durch die Wohnung dröhnt.
Nur bei der Störungs-Hotline
wird man von fiesen Schrott-Lai'n
blöd hingehalten und verhöhnt.
Was mag auf Facebook stehen?
Wir können es nicht sehen:
wir sind so eingeschränkt.
Kein warmes Wasser fließt mehr.
Man legt sich hin und liest mehr,
doch ist ein bisschen abgelenkt.
Erneut ruft man die Brüder
beim Stadtwerk an. Doch wieder
stehn alle auf dem Schlauch.
Ich bitt dich, Herrgott: Oh Mann,
stell endlich unsern Strom an
und den vom kranken Nachbarn auch.
Und den vom kranken Nachbarn auch.
Dienstag, 31. März 2020
Bitte
Bitte, oder: Naturwissenschaftler sind schlechte Raumausstatter, was allerdings vermutlich auch andersrum gilt
Lieber Astronom, verschone
mich mit deiner zweifelsohne
substanziellen Expertise:
Trotz des Chaos bleibt doch
diese
Bude, die ich hier bewohne,
eine habitable Zone.
Sonntag, 22. März 2020
Anderswo (13)
Ich habe für die sehr gute Nürnberger Radiosendung Greisenfart & Speisendarts Eisenbart & Meisendraht ein Traumsonett geschrieben und eingelesen.
Mittwoch, 18. März 2020
18.03.2020
18.03.2020
Die Kanzlerin
im Fernsehn drin
sagt, Solidarität sei gut.
Die Börse fällt
und alle Welt
wirkt nicht so richtig ausgeruht.
Ich bleib im Haus.
Der Sport fällt aus.
Geschäfte sind zum Großteil zu.
Vom Pol zum Kap
wird alles knapp.
Ich lieg im Bett und seufze Puh
und döse trist
und träume Mist
und bin schon lang vor 7 wach. –
Verschlafne Zeit
wär grade weit-
aus angenehmer. Aber: ach.
Die Kanzlerin
im Fernsehn drin
sagt, Solidarität sei gut.
Die Börse fällt
und alle Welt
wirkt nicht so richtig ausgeruht.
Ich bleib im Haus.
Der Sport fällt aus.
Geschäfte sind zum Großteil zu.
Vom Pol zum Kap
wird alles knapp.
Ich lieg im Bett und seufze Puh
und döse trist
und träume Mist
und bin schon lang vor 7 wach. –
Verschlafne Zeit
wär grade weit-
aus angenehmer. Aber: ach.
Montag, 9. März 2020
Anderswo (12)
Für den Titanic-Newsticker habe ich eine Ballade über den ÖPNV in Zeiten von Corona geschrieben: Coronahverkehr.
Sonntag, 1. März 2020
2x Jump 'n' Run
I
Aus der Sicht eines Noobs
Ein schlimmer Schreck,
laut ruft man: »Nein!« –
Prinzessin weg!
Sie zu befrein
soll nun der Zweck
des Spieles sein:
Ab ins Versteck
beim Endboss rein!
Man rennt herum,
doch ist zu dumm
und stirbt halt nur
in einer Tour...
Controller wech,
da hat sie Pech.
II
Aus der Sicht keines Noobs
Wohin man tritt:
Der Gegner grollt,
denn jeder Schritt
wird gleich zu Gold.
Man springt sehr fit,
man trollt und tollt;
bald kommt ein Schnitt,
der Abspann rollt.
Ein Level noch.
Der Boss wird bleich ...,
und ist passé.
Ach, wäre doch
der Alltag gleich-
falls in 2D!
Aus der Sicht eines Noobs
Ein schlimmer Schreck,
laut ruft man: »Nein!« –
Prinzessin weg!
Sie zu befrein
soll nun der Zweck
des Spieles sein:
Ab ins Versteck
beim Endboss rein!
Man rennt herum,
doch ist zu dumm
und stirbt halt nur
in einer Tour...
Controller wech,
da hat sie Pech.
II
Aus der Sicht keines Noobs
Wohin man tritt:
Der Gegner grollt,
denn jeder Schritt
wird gleich zu Gold.
Man springt sehr fit,
man trollt und tollt;
bald kommt ein Schnitt,
der Abspann rollt.
Ein Level noch.
Der Boss wird bleich ...,
und ist passé.
Ach, wäre doch
der Alltag gleich-
falls in 2D!
Sonntag, 9. Februar 2020
Augenzeugenbericht
Dann
hatte sich ein Sturm ins Land geschoben.
Die
Straßen brachen, Teer flog kreuz und quer.
Den
Städten wehten Wälder hinterher.
Der
Horizont war zum Fragment zerstoben.
Man
sah, wie sich die Reihenhäuser hoben –
und
Reihenhäuser heben sich nur schwer!
Zu
Einschränkungen kam's im Nahverkehr:
Es
herrschte nämlich Sturm (vgl. oben).
Dies
also war das Ende aller Tage,
und
auf den letzten Dächern freuten sich
die
Meteorologen fürchterlich
an
der vorhergesagten Wetterlage.
Sie
tranken Sekt und aßen einen Bissen.
Dann wurden sie von Böen
fortgerissen.
Mittwoch, 15. Januar 2020
RIP Schwertstör
Womöglich findet man in ein paar Jahren
auf einem Fischmarkt irgendwo am Fluss
nebst irgendwelchen andern nassen Waren
ein Exemplar, von dem es heißt: Er muss
in trüben Tiefen sich trotz zig Gefahren
noch tümmeln. Yeah, kein Schwertstör-Exitus!
Man ist sich allerdings nicht ganz im Klaren
und fürchtet, dennoch sei für ihn bald Schluss.
Man unternimmt deswegen Exkursionen
und saust den Jangtse schwimmberingt entlang
und hofft, er möge hier noch immer wohnen,
und betet bang und bringt dann hinterm Tang
fünfhunderttausend Störe jäh ans Licht.
Na ja, vermutlich nicht.
auf einem Fischmarkt irgendwo am Fluss
nebst irgendwelchen andern nassen Waren
ein Exemplar, von dem es heißt: Er muss
in trüben Tiefen sich trotz zig Gefahren
noch tümmeln. Yeah, kein Schwertstör-Exitus!
Man ist sich allerdings nicht ganz im Klaren
und fürchtet, dennoch sei für ihn bald Schluss.
Man unternimmt deswegen Exkursionen
und saust den Jangtse schwimmberingt entlang
und hofft, er möge hier noch immer wohnen,
und betet bang und bringt dann hinterm Tang
fünfhunderttausend Störe jäh ans Licht.
Na ja, vermutlich nicht.
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